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Kopfchaos und Seelenunwetter

Das nanokleine, teuflische Virus hat uns im Alltag fest im Griff. Vieles ist längst Routine, wenn auch häufig eher ungeliebt. Die Ungezwungenheit bei Begegnungen fehlt ebenso wie eine einfache Umarmung, wenn man einen lieben Menschen auf der Strasse trifft.

Der Pflichtbesuch zur Routineuntersuchung in der Immunologie wird zu einem durchgeplanten Abenteuer mit einem Hauch Neugier, wie es wohl in der Großstadt sein wird. Die sonst üblichen Besuche in der Holländischen Kakaostube und die Schlendereien durch die Läden fallen weg und auch in der Klinik ist es nicht wie sonst - schon am Eingang steht die Security und passt auf, wer die Klinik betritt und aus welchem Grund. Besuche sind nur am Nachmittag für 1 Stunde und von einer Person erlaubt, kann man schon draußen vor dem Eingang lesen. Die Mund - und Nasenbedeckung wird fast schon als "normales" Kleidungsstück akzeptiert.

 



Es wird mehr mit den Augen gelacht und mit den Händen geredet, die Körpersprache wird verfeinert. Bei Gesprächen auf der Strasse ist der Abstand Routine, man kommt sich nicht mehr nahe. Der unweigerliche Impuls aufeinander zuzugehen, wird, für den Anderen sichtbar, unterdrückt. In solchen Momenten fällt mir der Titel meiner Aromapflege - Prüfungsarbeit 2002 ein:

 

"Nichts macht uns mehr Mut,

nichts gibt uns mehr Nähe

und nichts

hat einen stärkeren Zauber,

als eine sanfte Berührung."

Autor unbekannt


Ich kann nicht beurteilen, wie schwierig es für andere Menschen ist, ohne die geliebten "Knuddel" auszukommen - ich fühle mich durch dieses Kontaktverbot massiv in meiner individuellen Ausdrucksform eingeschränkt. Allerdings habe ich das Glück, meine Familie um mich zu haben, Nähe spüren zu können. Was machen die Menschen, die allein leben? Ich mag es mir nicht vorstellen.

Das Leben hat aber nicht nur SARS-CoV2 für uns, sondern zusätzlich Probleme, Sorgen und andere Unwägbarkeiten, die auch ohne das Zutun des Virus, unseren Alltag "bereichern".


So eine Unwägbarkeit hat mich vor etwa 3 Wochen kalt erwischt. Das Gefühlschaos zwischen Wut, Enttäuschung, Frustration und Verletzung ist schwer zu beschreiben und auch schwer zu ertragen. Seelenunwetter mag mein Lupus überhaupt nicht und reagiert häufig mit Schmerzen und lähmender Müdigkeit. Da ich auf beide Symptome sehr gut verzichten kann, habe ich meinen, seit 5 Jahren im Einsatz befindlichen, kleinen Kopfchaos - Helfer zu Rate gezogen - mein "Duft-Tarot". Ich liebe die Karten mit den Seelendüften, sie sind klein, handlich und die Beschreibung der einzelnen Öle ist für mich sehr passend. Im Gegensatz zu den anderen duften Karten in meinem Besitz, beziehen sich die Beschreibungen nur auf die biochemischen Inhaltsstoffe der Öle und eine "Umschreibung" der Wirkung auf die Psyche.


Im September 2000 habe ich Martina Hatzenberger kennengelernt, die eine Ausbildung zur Aromakologin bei Martin Henglein absolviert hat. Sie hat, obwohl das Seminar den Titel "Aromapflege im Krankenhaus" trug, ein wenig von ihrer Ausbildung und dem Duftkreis erzählt. Die integrale Osmologie ist mir seitdem immer wieder begegnet und es ist spannend zu erleben, was meine Nase in welcher Situation mag oder auch nicht.

Auf einer Fachtagung in München 2003 habe ich das erste Mal Prof. Dr. Dr. Dr. Hanns Hatt gehört und verschlinge seitdem alles, was es von ihm zu lesen, zu sehen und zu hören gibt.  Seine Art, Forschung und Wissenschaft einfach und mit einer guten Prise Humor zu erklären, macht süchtig. Ich habe den Professor mehr als einmal live erlebt und er fasziniert mich immer wieder aufs Neue. Nicht nur seine Forschungsergebnisse sind spannend zu hören, sondern auch seine kleinen Alltagsumschreibungen für so manchen, komplizierten wissenschaftlichen Vorgang. Einer meiner Lieblingssätze von ihm lautet: "Vor allem aber sind Düfte Glücksboten und überraschen uns jeden Tag wieder."

Diese beiden Begebenheiten waren der Anstoss, dass ich im Laufe der Jahre gelernt habe, sehr auf meine Intuition und meine Nase zu vertrauen, wenn es um die Auswahl ätherischer Öle für mein Seelenwohl geht. Ich treffe, je nach Situation, manchmal eine Vorauswahl nach Inhaltsstoffen und suche mir daraus intuitiv die zu verwendenden Öle aus. Die Anwendung meines "Duft-Tarots" ist dabei eine liebgewonnene Entscheidungshilfe.


 

 

Das sind die ersten Karten, die ich ausgesucht habe.


 

Die Zusammensetzung erinnert mich an eine ältere Kopfkino-aus-Mischung für den Riechstift:

  • Osmanthus
  • Tuberose
  • Benzoe Siam
  • Lavendel
  • Vetiver

Obwohl die Mischung besser riecht, wenn sie ein paar Tage reift, wurde sofort ein lila Riechstift mit den Ölen gefüllt und am Abend angewandt, um das Kopfkino auf "aus" zu stellen.  Für eine kurze Zeit ist es auch gelungen und etwas Schlaf hat sich eingestellt. Am Morgen galt es eine Entscheidung zu treffen, wie mit dem Kopfchaos und Seelenunwetter umzugehen wäre und das Für und Wider abzuwägen. Mit einigen "Kopfentscheidungen" konnte der "Bauch" nicht leben und so zog sich diese Unwägbarkeit des Lebens ein paar Tage hin. Ich habe jeden Morgen meine Karten gefragt und in wechselnder Zusammensetzung "fand" ich die folgenden Duft-Karten:

  • Atlas-Zeder - Cedrus atlantica (Endl.) Manetti
  • Benzoeharz
  • Cistrose
  • Lavendel
  • Lorbeerblätter
  • Mimose
  • Osmanthus
  • Oud
  • Petit Grain
  • Tuberose
  • Vetiver
  • Weihrauch

Die Tuberose war ebenso wie Benzoe Siam mein täglicher Begleiter, die restlichen Düfte tauchten in unterschiedlicher Häufigkeit auf. Sehr zu meiner Verwunderung war nicht ein Zitrusduft dabei. Ich habe mir aus den verschiedenen ätherischen Ölen zwei Mischungen kreiert - eine für den Inhalierstift und eine als Spray (Parfumersatz, auf Taschentuch oder für die Umgebung). 

Die Mischung für den Riechstift besteht aus:

  • Grapefruit kompl. (Citrus paradisi)
  • Lavendel extra/Berg-Lavendel (Lavandula angustifolia)
  • Petit Grain (Citrus aurantium fruc. & fol.)
  • Tuberose 5% (Polianthes tuberosa)
  • Atlas - Zeder (Cedrus atlantica)
  • Benzoe Siam (Styrax tonkinensis)
  • Vetiver Bourbon gereift (Vetiveria zizanioides)
  • Eichenmoos 66% (Evernia prunastri)

Das alte, kostbare Eichenmoos - Fläschchen wird gehütet und sein Inhalt nur tröpfchenweise und wohlüberlegt verwendet.

Der Berglavendel findet sich auch nur in "Seelenmischungen" wieder, für alltägliche Mischungen wird sein Bruder, der Lavendel fein, zu Hilfe genommen.

Vetiver Bourbon gereift hat einen so intensiven, erdigen und trotzdem warmen Duft, dass ein halber Tropfen für eine Mischung ausreichend ist. Das "Öl" ist sehr zähflüssig und wird mit einem Spatel geliefert - ich nehme ein kleines Glasstäbchen zu Hilfe, um eine möglichst kleine Menge zu entnehmen.

Tuberose, Benzoe und Atlas-Zeder habe ich zwar nicht täglich in Gebrauch, aber sie gehören trotzdem zu meinen Alltagshelfern.

Grapefruit ist ein "Ich will, dass jetzt sofort die Sonne scheint"- Duft und ist nicht nur im Öle-Koffer, sondern auch im Vorratsschrank zu finden.

Petit Grain ist für mich ein "Kann"-Duft - nicht immer nach meiner Nase, aber oft nach meinem Gefühl und dann "kann" auch mal ein Tropfen in die fertige Mischung.


In der Zwischenzeit ist die Mischung fast 3 Wochen alt und sie duftet jetzt einfach himmlisch - sagt meine Nase und nach meinem Gefühl ist sie immer noch nötig. 

Das Spray setzt sich aus folgenden Ölen zusammen:

  • Bergamotte (Citrus bergamia)
  • Zitrone (Citrus limon)
  • Mandarine rot (Citrus reticulata)
  • Lavendel extra/Berglavendel (Lavandula angustifolia)
  • Petit Grain (Citrus aurantium fruc. & fol.)
  • Tuberose 5% (Polianthus  tuberosa)
  • Atlas - Zeder (Cedrus atlantica)
  • Benzoe Siam (Styrax tonkinensis)
  • Eichenmoos 66% (Evernia prunastri)
  • Vetiver bourbon gereift (Vetiveria zizanioides)
  • Orangenblütenhydrolat (Citrus aurantium)

Auch diese Mischung ist im Laufe der Zeit gereift und duftet nicht ganz so schwer wie die obige Riechstift-Mischung.

 

Rückwirkend betrachtet haben mir meine Mischungen die Ver-/Bearbeitung dieser Unwägbarkeit des Lebens leichter gemacht und ich bin dankbar, dass ich die Wirkung dieser Geschenke der Natur für mich nutzen kann.


Ich habe mich durch viele Firmen geschnuppert - gleiches ätherisches Öl und anderer Anbieter und habe so im Laufe der Jahre meine Lieblingsdüfte gefunden. Ein kleines Notizbuch hat mir dabei gute Dienste geleistet, in dem ich für jedes geschnupperte ätherische Öl den Anbieter und mein Duftempfinden notiert habe. Einige Düfte sind kaum noch zu bekommen, andere in der Zwischenzeit gefährdet und wieder andere beinahe unerschwinglich geworden.

Auch die unterschiedlichen Deklarationen bei den verschiedenen Anbietern lassen manche Öle aus dem Sortiment verschwinden oder die angebotene Konzentration ändert sich.


Seelendüfte findet man nicht nach biochemischen Inhaltsstoffen, sondern immer mit der Nase. Wenn ich mich mit dem Duft nicht wohlfühle, kann das ätherische Öl mir nicht helfen, auch wenn es den Inhaltsstoffen nach genau DAS ätherische Öl für meine Beschwerden oder Problemchen wäre. Meine Nase streift seit 20 Jahren in den ätherischen Ölen verschiedener Anbieter umher und ist bei ganz vielen ätherischen Ölen bei dem Erst-Kontakt-Anbieter geblieben. Zu Beginn meiner Ausbildung zur Aromaexpertin waren mir die meisten ätherischen Öle unbekannt und so habe ich eben die Öle dieses einen Anbieters von Anfang an kennengelernt. Ich kann nicht beurteilen, ob das ausschlaggebend für meine Duftauswahl ist, halte es aber für möglich. Vieles von dem, was wir in der Kindheit gelernt haben  oder was uns vorgelebt wurde, bestimmt unser Tun zeitlebens und so haben die meisten meiner ätherischen Öle ein grünes Etikett - meine ganz persönliche Duftheimat liegt im Allgäu.

Wer seine Seelendüfte finden will, muss sich auf den Weg machen und seine Nase die Richtung angeben lassen, egal wohin der Weg führt.........


Eine sehr aufschlussreiche Aufzeichnung eines Web-Seminares von Eliane Zimmermann und Sabrina Herber zum Thema "Soulfood - umhüllende Naturdüfte für die Seele"  gibt es bei ViVere


Hier sind einige Links zum Weiterlesen oder Schauen:

Prof. Dr. Dr. Dr. med. habil. Hanns Hatt:

Riechforschung Uni Bochum

zu Gast bei "Pelzig unterhält sich" - Teil 1

zu Gast bei "Pelzig unterhält sich" - Teil 2

zu Gast bei Evelyn Deutsch

Hanns im Duft

Forschergestalten

Wunderwerk Nase -  Stiftungsprofessur 2019, Johannes Gutenberg Universität Mainz, 1. Teil

Von der Nase ins Gehirn - Stiftungsprofessur 2019, 2. Teil

Pheromone - Stiftungsprofessur 2019, 3. Teil

Riechen, schmecken, glücklich sein - Stiftungsprofessur 2019, 4. Teil

Heilen mit Düften - Stiftungsprofessur 2019, 5. Teil

Vermarktung mit Düften - Stiftungsprofessur 2019, 6. Teil

 

Sabrina Herber - ViVere:

Psychoaromatherapie - Karten - mein Duft-Tarot in der 2. Auflage

"Seelen - Samt" - ein Bundle mit den Karten und einem DIN A 2 großen Poster mit Seelendüften als Sale-Angebot

 

Christine Lamontain:

Das olfaktorische Duftgespräch - Blog zu Duftkommunikation

 

Sabine Nachbauer:

Inhalierstifte 

 

enthält unbezahlte Werbung

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