Aromatherapeut für Hunde in 18 Stunden - NEIN!!!

21. Februar 2020

Vor ein paar Tagen bat eine Bekannte um Rat - sie hatte im Internet eine Ausbildung zur Aromatherapeutin für Hunde gefunden. Diese Ausbildung beinhaltete eine schriftliche Abschlussprüfung und ein Zertifikat. Nach dem Lesen der Unterrichtsdauer und der Art des Unterrichts war mir klar, dass ich diese Ausbildung für nicht empfehlenswert halten würde.


Der Unterricht bestand aus 4 Webinaren und 2 Seminaren, alles zusammen eine Unterrichtszeit von 18 Stunden, ohne die Zeit des Selbststudiums. Ein praktischer Teil fehlte völlig. Die angeführten Ausbildungsinhalte lasen sich gut durchdacht, wären aber auf keinen Fall adäquat in dem angegeben Zeitrahmen zu lernen gewesen.

Ich habe überlegt, welche Ansprüche ich an eine Ausbildung in Aromatherapie/Aromapraktik für Hunde haben. Auf was würde ich achten und was würde ich an Inhalten für unverzichtbar halten. Meine Gedanken dazu habe ich hier zusammengetragen.


Was möchte ich mit meinem erlernten Wissen anfangen?

Die wichtigste Überlegung vor Beginn oder vor der Suche nach einer geeigneten Ausbildung ist, zu welchem Zweck ich diese Ausbildung machen möchte.

Möchte ich nur meine eigenen Hunde mit der Aromapraktik unterstützen oder möchte ich mich mit meinem Wissen selbständig machen?

 

Was bringe ich an Vorwissen mit?

Als nächtes muss ich mir klar werden, welche Ausbildungsinhalte ich benötige:

  • Ist Basiswissen zum Thema Aromapraktik vorhanden (z.B. Basisseminar Aromapflege)?
  • Wende ich ätherische Öle schon länger bei mir zu Hause an?
  • Habe ich, wenn auch geringe, Kenntnisse über die Anatomie/Physiologie der Hunde?
  • Habe ich eine Ausbildung zum Tierheilpraktiker?

 


Ich habe vor Jahren zuerst eine Ausbildung für Zweibeiner absolviert, um die Aromapflege an meiner damaligen Klinik zu implementieren.  Meine Aromapraktik-Ausbildung dauerte ca. 2 Jahre und hatte einen Umfang von etwa 200 Unterrichtsstunden. Es gab eine schriftliche Prüfungsarbeit und eine mündliche Prüfung, bevor ich mein Zertifikat erhalten habe. Die einzelnen Unterrichtsmodule konnte ich mir, nachdem das Basisseminar absolviert war, nach meinem Terminplan individuell zusammenstellen. Es gab keine Webinare, sondern Seminare über 2 - 3 Tage in denen alle Sinne gefordert waren. Obwohl ich seit fast zwanzig Jahren mein Zertifikat "in der Tasche" habe, besuche ich weiter Seminare und Kongresse, denn in der Aromatherapie gibt es immer wieder Neues zu lernen.

Ein gutes Beispiel dafür,  wie sich die Anwendung der ätherischen Öle weiterentwickelt hat, ist das Buch "Aromatherapie für Pflege - und Heilberufe" von Eliane Zimmermann. Die erste Auflage von 1998 hat 251 Seiten, die sechste Auflage von 2018 hat 632 Seiten

Undedingt nötiges Wissen

Im Moment ist es sehr schwer, direkt eine Ausbildung zum Aromatherapeuten/Aromapraktiker für Hunde zu finden. So ist es ratsam ein Basis - Seminar für die humane Anwendung zu besuchen. Nach meiner Meinung sollte folgendes auf jeden Fall gelehrt werden, da dieses Wissen für die Anwendung beim Hund unerlässlich ist.

  • ein wenig Geschichte (die manchen verwundern lässt, wie alt diese Anwendungsform schon ist)
  • Botanik
  • Anbau und Gewinnung der ätherischen Öle
  • Unterschiede in der Qualität der ätherischen Öle
  • Unterschiedliche Deklaration nach EU - Vorgaben
  • Erklärung der Unterschiede zwischen natürlich - naturrein - naturidentisch - synthetisch
  • Einführung in die Biochemie, unterschiedliche Chemotypen einer Pflanze
  • Mischen und Dosierungen berechnen
  • Einführung Pflanzenöle
  • richtiger Umgang mit den ätherischen Öle - Haltbarkeit, Lagerung
  • Kopf -, Herz -,  Basisnoten

 

Ich habe bei meinem Basis-Seminar noch wesentlich mehr gelernt, gerochen und erfragt. Diese Aufzählung ist die unbedingt nötige Essenz daraus für die ersten Schritte zur Anwendung beim Hund.

Nach dem Basis-Seminar würde ich auf jeden Fall ein Seminar über die Biochemie und eines über Hydrolate/Pflanzenwässer besuchen.  Danach geht es unterschiedlich weiter, je nachdem was ich mit meinem Wissen anfangen möchte.


Aromapraktik für meine Hunde

Möchte ich mein Wissen nur bei meinen Hunden (oder Hunden von Freunden) anwenden, wäre der nächste Schritt die Suche nach einem, am besten 2 - tägigem, Seminar über Aromatherapie/-praktik bei Hunden/Tieren.

Hunde sind Fleischfresser und daher an Pflanzlichem nicht so sehr interessiert. Die Anwendung der ätherischen Öle bei unseren Fellnasen weicht von der Anwendung bei uns Zweibeinern stark ab. Man kann die Indikationen der einzelnen ätherischen Öle und die Dosierungen nicht eins zu eins umwandeln. Daher ist der Besuch eines Seminars bei einem Tierarzt/Tierheilpraktiker oder einer Fachkraft mit langjähriger Hunde-Erfahrung unbedingt nötig. Ein wenig Grundwissen über das Riechen/die Nase, Haut/Fell und Physiologie sollte im Seminarprogramm nicht fehlen, ebenso wenig die Kontraindikationen und die Erste Hilfe.

 


Aromapraktik/Aromatherapie in eigener Praxis

Um die ätherischen Öle in einer eigenen Praxis anzuwenden, sollte die Ausbildung neben Basis-Seminar, Biochemie und Hydrolate-Seminar intensiver sein. Ich halte eine Phytotherapie-Ausbildung für Tiere/Hunde, Aromatherapie eingeschlossen, für notwendig, da es leider im Moment im deutschsprachigen Raum keine reine Aromatherapie-Ausbildung für Hunde/Tiere gibt.

Die Ausbildung zum Tierheilpraktiker muss nicht unbedingt sein, wenn nur die Aromatherapie angewendet werden soll.

Unverzichtbar außerdem:

  • praktische Arbeit
  • Anamnese
  • Dokumentation
  • Rechtsgrundlagen
  • Haftung

 


Wie finde ich das richtige Seminar oder die richtige Ausbildung?

Für mich wichtige Kriterien:

  • die besprochenen ätherischen Öle sind von Firmen, die ihre Heimat in Europa haben und deren Firmenphilosophie transparent und naturnah ist - noch besser wäre eine firmenneutrale Ausbildung
  • transparente Webseite mit umfassenden Informationen über Seminar-/Ausbildungsinhalte
  • erfahrene Dozenten (langjährige, nachweisbare Erfahrung/von Fachleuten ausgebildet)
  • auf der Webseite finden sich aussagekräftige Informationen (z. B. Werdegang) über die Dozenten und die Schule
  • Möglichkeit, vor Beginn der Ausbildung/des Seminars, Fragen zu stellen und zeitnahe, ausführliche Antworten
  • das Impressum der Webseite zu lesen ist bei unbekannten Anbietern ratsam, um genaue Informationen über den Anbieter zu erhalten

 

Eliane Zimmermann hat in ihrem Blogartikel folgendes geschrieben:

"Wer lebendiges Wissen, echte und ehrliche Erfahrungen in seiner/ihrer Ausbildung wünscht, sollte darauf bestehen, dass authentisches Wissen und gelebte Erfahrungen weiter gegeben werden und nicht ausschließlich Theorie (diese ist freilich auch nötig!). Scheuen Sie sich also nicht, nachzufragen und vertrauen Sie bei den Antworten auf Ihr Bauchgefühl!" - besser kann man es nicht ausdrücken.

 


Hier finden Sie ein Curriculum (und nicht nur das) von Eliane Zimmermann zum Herunterladen als Beispiel für eine seriöse Ausbildung in der Aromatherapie und gleichzeitig einen Link zu einem aktuellen (04/21) Blogbeitrag zu diesem Thema.

Auf der Seite vom Forum Essenzia findet man Ausbildungsrichtlinien die man als Wegweiser auf der Suche zu Rate ziehen kann.

Im deutschsprachigen Raum erfährt die Anwendung ätherischer Öle bei Tieren immer mehr Zuspruch und so gibt es zwar Seminare, aber noch keine reine Ausbildung zum Aromatherapeuten/Aromapraktiker für Hunde.

 


Neben den Seminar-/Ausbildungsunterlagen sind gute Bücher eine wichtige Wissensgrundlage.

Sollte Ihnen ein Buch begegnen, dessen Cover Sie anspricht und auch der Inhalt auf den ersten Blick einen guten Eindruck macht, schauen Sie ein wenig genauer hin, bevor Sie zum Portemonnaie greifen. Vor vielen Jahren hat Monika Werner einen einfachen Grundsatz zum Erkennen von verantwortungsvollen Inhalten in Bücher geprägt: "Sind auf den Seiten mit Inhaltionen mehr als 2 Tropfen ätherisches Öl pro Inhalation in den Rezepten empfohlen, legen Sie das Buch wieder ins Regal."

 


Leider finden sich auch in diesem Bereich immer mehr Werke von Autoren, die Anwendungen und Dosierungen empfehlen, die jedem Profi das Blut in den Adern gefrieren lassen. Oft haben diese Bücher ein ansprechendes Titel-Layout und sind für einen Laien nur schwer von verantwortungsvoller Fachliteratur zu unterscheiden. Da lohnt sich das Suchen nach unverdünnten Anwendungsempfehlungen, nach Worten, die eher in der Esoterik zu finden sind. Die Recherche im Internet nach dem Hintergrund des Autoren ist sehr hilfreich, denn unter Umständen entdeckt man eine Verbundenheit zu Öleanbietern aus fernen Ländern. Diese Bücher sind eherv nicht für Laien/Anfänger geeignet.

Ich hoffe, ich konnte ein paar Anregungen geben und Sie zum Überlegen, Recherchieren und Nachfragen anstiften, bevor Sie sich in Unkosten stürzen.